Neue Formen der Zusammenarbeit

Kürzere Entwicklungszyklen, zunehmende Produktfunktionalitäten und die stetig steigende Komplexität der Produkte motivieren Unternehmen dazu, mehr Partner in den Prozess einzubinden. In der industriellen Praxis ist die kollaborative Produktentwicklung längst zum Tagesgeschäft geworden, um den wachsenden Anforderungen zu begegnen. Mit einem gemeinsamen Anforderungs- und Umsetzungsmanagement hat auch die AOK Systems mit ihren Kundinnen und Kunden eine Kollaborationsorganisation ins Leben gerufen.

Der Gesundheitsmarkt wandelt sich und wird stetig digitaler und vernetzter. Neue Technologien im Gesundheitswesen führen zu enormen Veränderungen. Gleichzeitig sorgen neue gesetzliche Regelungen für ständige Veränderungen im Bereich der Gesundheit und Pflege. Hinzu kommt die stärkere Vernetzung der Interaktionskanäle sowie das veränderte Kundenverhalten. Zusammen mit unserem internen Transformationsprojekt gibt es mehr als genug Gründe, die Chance für die gemeinsame Gestaltung einer noch engeren und besseren Zusammenarbeit mit ihren Kundinnen und Kunden zu ergreifen. Daher wurde der Entschluss gefasst, eine neue Kollaborationsorganisation zu errichten mit dem Fokus, unter anderem das Anforderungs- und Umsetzungsmanagement zu optimieren. Bereits Ende 2018 hatten wir die vielfältigen Herausforderungen identifiziert und daraus die ersten Ideen abgeleitet. Das AOK-Fachteam Anforderungsmanagement erarbeitete für den Kundenkreis der AOK ein entsprechendes Konzept und rückte dabei die Einrichtung von Steuerungsmechanismen sowie die Transparenz in den Anforderungsprozessen in den Mittelpunkt. Anschließend wurde der Entwurf im Fachausschuss „Prozesse & IT“ sowie im IT-Board ausführlich beraten.


Durchlaufzeiten deutlich reduzieren

Von der gemeinsamen Kollaborationsorganisation versprechen sich die Verantwortlichen eine engere und bessere Zusammenarbeit als bisher – und zwar von der Konkretisierung und Priorisierung der Anforderungen bis zur Umsetzung und Auslieferung der Software, also „Ende-zu-Ende“. So liegt beispielsweise der bisherige Change-Request-Prozess inklusive Liegezeit bei durchschnittlich rund 18 Monaten, erklärt Christian Döbler. „Diese hohen Durchlaufzeiten und die hohe Komplexität können ausschließlich mit Blick auf den Gesamtprozess reduziert werden“, betont unser Leiter der Abteilung Entwicklung Zentrale Aufgaben. Als weitere Voraussetzung wurde vereinbart, alle am Prozess Beteiligten in den Krankenkassen, beim AOK-Bundesverband und bei der AOK Systems einzubeziehen. Ermöglicht wird dies durch die Definition gemeinsamer Schnittstellen bei Anforderungen, Entwicklungen und Beratungen.


Alle von Beginn an eingebunden

Für Christian Döbler liegen die Vorteile dieser grundlegend neuen Form der Zusammenarbeit auf der Hand: Die Produkte werden zielgerichtet für den GKV-Standard entwickelt und bedarfsgerecht nah an der Entwicklungszeit priorisiert. Eine Entwicklung auf Vorrat wird damit ausgeschlossen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch, die Kundinnen und Kunden von der Idee bis zur Produktiv­setzung einzubinden. Die richtigen Ansprechpartnerinnen und -partner sprechen kontinuierlich miteinander. Dabei gibt es immer eine klare Vergabe von Verantwortlichkeiten und Mandaten. Auch die Anforderungen werden jeweils gemeinsam konkretisiert. Durch die fortlaufende Abstimmung der Einplanung bleiben alle Prozesse flexibel. Christian Döbler lässt keinen Zweifel daran, dass dieses Vorgehen die gemeinsame Arbeit insgesamt direkter, effizienter und transparenter macht. Voraussetzung für das Gelingen ist eine klare Trennung der Verantwortlichkeit. Während die AOK Systems die Verantwortung für die übergreifende Steuerung und die Softwareentwicklung übernimmt, verpflichtet sich die Kundenseite, die übergreifende Steuerung der Fachprozesse und den fachlichen Prozess im Blick zu behalten.


Gemeinsamer Projektstart

Im Juni vergangenen Jahres erfolgte der Startschuss für das erste gemeinsame Projekt mit dem AOK-Bundesverband, den Landes-AOKs und einer Unternehmensberatung. In dem Modellprojekt mit der AOK Nordost galt es, die Geschäftsprozesse bei der Bestandspflege Familienversicherung zu standardisieren. Dabei wurde auch die neue Rolle des Prozess Owner (PzO) etabliert und an die AOK Nordost übertragen. Für das Pioniervorgehen vereinbarten die Projektpartner ein iteratives Vorgehen, das heißt, Gelerntes wird für die Überarbeitung von Konzepten genutzt und durch Praxiserfahrungen stetig verbessert. Zudem sollen Ideen bewusst schon in einem unfertigen Stadium erprobt werden. Neu ist auch, dass das Team durch eine Ende-zu-Ende-Verantwortung ganzheitlich für das IT-Produkt verantwortlich ist. „Die neue Form der Zusammenarbeit gilt sowohl für standardisierte als auch nichtstandardisierte Prozesse sowie jegliche Weiterentwicklung“, sagt Döbler. Alle Anforderungen laufen zudem über einen entsprechenden PzO, der in die gesamte Abstimmung einbezogen ist. Was dem Leiter der Abteilung Entwicklung Zentrale Aufgaben noch wichtig ist: „Die Standardisierungsvorhaben und die Kollaborationsorganisation zahlen zwar aufeinander ein, sind aber nicht notwendigerweise voneinander abhängig.“


Weitere Bereiche werden folgen

Nach dem erfolgreichen Pionierprojekt im Bereich Familienversicherung ist die Kollaborationsorganisation längst komplett in den Arbeitsalltag der AOK Systems integriert. Zehn weitere Bereiche, die alle über sogenannte GKV-Boards gesteuert werden, sind bereits realisiert. Dazu zählen CRM Kundengewinnung und Mobile Anwendungen (B2E), DMP, Integrierte Versorgung (IV) und Risikostrukturausgleich. Mehr als weitere 30 Bereiche von Advanced Analytics über Krankenhausversorgung bis ZWR/EESSI sind aktuell avisiert oder in Planung.


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