Schneller, besser: digital
Bei den Krankenkassen steigt der Bedarf an neuen Technologien und gleichzeitig an oscare® Anwendungen, um sich für die Digitalisierung vorzubereiten. Wie die AOK Systems sich darauf einstellt und welche Themen fokussiert sind, erläutert Udo Patzelt, Stabsstellenleiter Strategie/Strategieprojekte.
Herr Patzelt, wie stellen Sie sich auf den wachsenden Bedarf der Kassen ein?
Zunächst legen wir Strategieprojekte auf, um Plattformen und Infrastrukturen für die neuen Technologien und Digitalisierungsanforderungen zu schaffen und Architektur-Festlegungen dafür zu treffen. Die sieben Strategieprojekte aus 2017 zur Konzeption und Realisierung der Architektur und Infrastruktur für die strategische oscare®-Weiterentwicklung sind alle im Plan. In 2017 wurden die Projekte entweder beendet oder in Form von Folgeprojekten fortgesetzt. Hinzu gekommen sind in 2018 drei neue Strategieprojekte, die aktuelle Technologieentwicklungen aufgreifen und für das oscare®-Umfeld bewerten und vorbereiten. Weitere Projekte können im Laufe des Jahres folgen.
Und was sind die neuen Projekte?
Ein Projekt ist die Entwicklung einer oscare®-Cloud-Strategie. Cloud-Technologien sind in den letzten Jahren gereift und heute produktiv und wirtschaftlich anwendbar. Vielfältige Cloud-Technologie-, Cloud-Software- und Cloud-Betriebs-Angebote sind heute am Markt verfügbar. Auch wenn der Cloud-Einsatz in einigen Anwendungsformen für die Sozialdatenverarbeitung noch problematisch und umstritten ist, so ist die Zeit doch inzwischen reif, sich auch im oscare®-Anwendungs- und Betreiber-Umfeld mit dem Einsatz von Cloud-Szenarien zu beschäftigen. Beispielsweise definiert SAP Success Factors als Cloud-Lösung für Human Resource Management die Personalarbeit ganz neu: alle HR-Prozesse in einem Tool, zentrale Sicht auf alle Mitarbeiterdaten, keine Papierablage, effizientes Personal Recruiting, Talentförderung, vernetztes Arbeiten etc. Und es wird – wie inzwischen viele IT-Anwendungen – ausschließlich als Cloud-Lösung angeboten. Im April haben wir das Projekt gestartet, mit dem Ziel, dass eine finale Cloud-Strategie Ende des Jahres vorliegt. Dabei kooperieren wir und ergänzen uns gegenseitig mit dem Fachteam Anwendungsarchitektur der AOK, das parallel ein Cloud-Strategieprojekt bearbeitet. Wir betrachten in dem Projekt unterschiedliche Einsatzbereiche für die oscare®-Produkte, für die Krankenkassen, deren Kunden und für IT-Dienstleister. Nicht zuletzt sollen und müssen auch Sicherheit, Datenschutz, rechtliche Rahmenbedingungen sowie Kosten- und Nutzenaspekte betrachtet und untersucht werden.
Treibt die AOK Systems auch das Thema künstliche Intelligenz voran?
Allerdings, und zwar ebenso mit Hochdruck in einem neuen Strategieprojekt. Wie bei dem Thema Cloud hat die Technologieentwicklung auch hier einen Reifegrad erreicht, der einen Einsatz in verschiedenen oscare®-Themen möglich und nützlich erscheinen lässt. Und genau das untersuchen wir zurzeit. Dabei betrachten wir vor allem die KI-Produkt-Suite „SAP Leonardo“, von der wir eine besonders gute Integrierbarkeit in die oscare®-Anwendungen erwarten. Das S9-Projekt „KI-Strategie für oscare®“ soll bis Ende 2018 laufen und auch konkrete Evaluierungen und PoCs (Proof of Concepts) umfassen.
Gibt es Ideen und Beispiele für eine nützliche Anwendung von KI in der GKV?
Derer gibt es viele. Nehmen wir die eGK. Die Qualität der eingereichten Fotos ist oft problematisch. Da werden z. B. Bilder vertauscht oder Bilder von Prominenten hochgeladen. Mit Unterstützung künstlicher Intelligenz könnten Alter und Geschlecht automatisiert abgeglichen werden und es kann festgestellt werden, ob auf dem Foto ein Promi abgebildet ist. Bei eingehenden E-Mails könnte KI mit einer Textanalyse feststellen, um welches Anliegen es sich handelt, und die E-Mails direkt an entsprechende Kundenberater weiterleiten. Auch die Bewertung von MDK-Gutachten oder das Schlüsseln von Verordnungen sollte mit KI-Unterstützung automatisierbar sein. Analog zu privaten Assistenzprogrammen wie z. B. Alexa und Siri wird von KI-Firmen auch bereits an professionellen Assistenzsystemen für den Arbeitsplatz geforscht und entwickelt.
Das klingt ja alles sehr spannend.
Ist es auch. Wir werden dann im Projektverlauf sehen, ob und wie wir das realisieren können und, wenn ja, in welcher Zeitschiene.
Herr Patzelt, Sie sprachen eingangs von drei Projekten.
Richtig, das dritte neue Strategieprojekt behandelt die Architektur und Entwicklung von GEO-Daten-Anwendungen im oscare®-Kontext. Wir alle kennen aus dem privaten Bereich den Routenplaner. Für die Kundenberater bei den Kassen sind GEO-Funktionen bei der Rechnungsprüfung von Fahrtkostenerstattung bei Taxifahrten sehr interessant. Der Vertrieb bei den Kassen kann sich seine Routen vorab berechnen lassen, um weniger Zeit auf der Straße verbringen zu müssen. Regionale Verbreitungen von Krankheiten oder die Facharztabdeckung können mit GEO-Funktionen besser analysiert und visualisiert werden. Ein 2017 durchgeführter Proof of Concept hat die Realisierbarkeit und das Nutzenpotenzial von GEO-Anwendungen im oscare®-Kontext bestätigt, z. B. bei der regionalen Krankenhaus-Planung oder der regions- und klinikbezogenen Darstellung von Operationszahlen. Zum Durchstich beim Einsatz von GEO-Technologien in oscare®-Anwendungen wurde das strategische Projekt aufgesetzt. Die wesentlichen Projektinhalte sind die Konzeption der Anwendungsarchitektur und Entwicklungsrichtlinien für oscare®-GEO-Anwendungen, die Auswahl und Beschaffung der für diese Anwendungen benötigten Softwarekomponenten und GEO-Daten sowie die pilothafte Realisierung von Anwendungen als produktionsreife Produkte. Für Entwicklung und Einsatz von GEO-Anwendungen im oscare®-Umfeld ist eine „GEO-Erweiterung“ der HANA-Datenbank – SAP HANA SPATIAL – notwendig, die von den Kunden zu beschaffen ist.
Wie wollen Sie das alles bis Ende 2018 auf den Weg bringen?
Für die erfolgreiche Durchführung der Projekte sorgen jeweils unsere Projektleiter – Kathrin Elo für KI, Cornelia Wanders für Cloud und Christian Kaindl für GEO. Und natürlich die Projektmannschaften aus unseren erfahrenen Kollegen, ggf. ergänzt durch externe Experten von beispielsweise SAP oder Capgemini. Und auch unsere Kunden sind dabei eingebunden. Alle Strategieprojekte greifen ineinander, was gegenseitige Information in gemeinsamen Fachdiskussionen unerlässlich macht. Dafür werden oft Videokonferenzen und Webkonferenzen genutzt, was gegenüber Präsenzmeetings mit ihren Reiseaufwänden enorme Einsparungen von Zeit und Kosten bedeutet.