Mann der ersten Stunde
Länger als Matthias Muckel ist keiner bei der AOK Systems angestellt. Er war schon da, als die Firma noch gar nicht richtig existierte. Muckel hat die Personalnummer eins und wurde eingestellt, damit alles jenseits der Software rund läuft. Aktuell im „Auftragsmanagement, Verwaltung und Einkauf“ tätig, macht er dies bis heute. Seine offizielle Bezeichnung lautet „Mitarbeiter Gebäude- und Anlagenbetreuung“ – oder einfach Gebäudemanager.
Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag erinnern?
Das war am 28. September 1998 – drei Monate, bevor die AOK Systems überhaupt an den Start ging.
Wo war Ihr Arbeitsplatz?
Da, wo ich jetzt auch bin: in der Kortrijkerstraße. Es war die Abteilung 8 im AOK-Bundesverband.
Hört sich wie Geheimdienst an.
Ja, so ungefähr (lacht). Nein, es waren die internen Dienste.
Arbeiteten Sie davor schon beim Bundesverband?
Nein, ich bin wirklich der erste Mitarbeiter und gleichzeitig der erste, der vom freien Markt eingestellt wurde.
Was hatten Sie davor gemacht?
Obwohl erst 32, hatte ich schon einen langen Lebenslauf. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade ein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen. Ich hatte mich auf verschiedene Stellen beworben und hatte vier Zusagen.
Warum haben Sie sich für die AOK Systems entschieden?
Das war eine Bauchentscheidung in der Nacht davor. Ich hätte auch regionaler Vertriebsleiter beim Brötchengiganten Kamps werden können.
Was war anfangs Ihre Aufgabe bei der AOK Systems?
Ich hatte mich eigentlich auf eine Stelle in der Buchhaltung beworben, obwohl das sicherlich nicht meine Stärke war. Aber während des Vorstellungsgesprächs stellte sich heraus, dass noch eine zweite Stelle zu besetzen war – und zwar die eines Kümmerers.
Eines was?
So hat mein zukünftiger Chef es genannt: Kümmerer. Einer, der sich um alles in der Firma kümmert, was nicht das Kerngeschäft betrifft. Im Prinzip mache ich heute immer noch das Gleiche.
Wie war der Anfang?
Meine erste Aufgabe war, den Bau des Gebäudes in Troisdorf zu begleiten, es einzurichten und so vorzubereiten, dass man da arbeiten konnte. Ich bin im Anzug und mit Aktenkoffer über Baugerüste geklettert, weil im Eingang gerade Beton gegossen wurde. Das war eine spannende Zeit. Und wir haben es pünktlich geschafft und sind Anfang 1999 nach Troisdorf gezogen.
Und wie viele waren Sie am Anfang?
Etwa 80 Leute, viele mit AOK-Hintergrund.
Dachten Sie damals, dass das Unternehmen mal so groß werden könnte?
Überhaupt nicht, obwohl wir von Anfang an stark gewachsen sind. Die erste Niederlassung war im SAP-Partnerport in Walldorf. Wir haben Dienstwohnungen angemietet und ich habe sie eingerichtet. Der Kümmerer eben. Ich habe auch den ersten Marketingflyer entwickelt oder Personal eingestellt.
Das hört sich sehr spannend an.
Das war es und auch sehr lehrreich. Ich wusste am Anfang ja auch nicht, wie ein Unternehmen hinter den Kulissen organisiert werden muss.
Und wahrscheinlich gab es auch mal wieder skurrile Vorkommnisse.
Klar. Ein Mitarbeiter hat mal aus Geldsorgen unsere Firmenhandys verkauft. Ein anderer hat aus alter Hardware neue Geräte gebastelt und verhökert – inklusive der Lizenzen, die wir nicht benötigten, weil wir eine Master-Lizenz-CD hatten.
Wenn Sie zurückblicken: Wie hat sich die Firma verändert?
Allein durch die schiere Größe und Verteilung auf die Niederlassungen ist mittlerweile der persönliche Kontakt mit den Kollegen etwas zurückgegangen. Früher kannte ich jeden, keiner kam an mir vorbei. Auf der anderen Seite arbeiten wir heute viel professioneller.
Und das an vielen Standorten.
Ja, und ich bin als Gebäudemanager für alle Gebäude des Unternehmens zuständig. Da komme ich ganz schön rum in der Republik. Durch das stetige Wachstum sind immer irgendwo Neu- oder Umbauten im Gange oder finden Sicherheitsprüfungen und Brandschutzbegehungen statt.
Welcher Meilenstein in der Unternehmensgeschichte ist Ihnen noch gut in Erinnerung?
Der Umstieg auf das SAM-Projekt natürlich. Und das Krisenjahr 2003. Da sagte Rolf Hoberg, damals stellvertretender Vorstand des AOK-BVs, in einer Betriebsversammlung: Wenn das so weitergeht, machen wir die Firma dicht. Aber wir haben die Kurve bekommen.
Wie war der Umzug zurück in das Gebäude des AOK-BVs?
Das war ein großes Projekt. Dazu kam noch die Verzögerung. Das war also eine doppelte Herausforderung: Durch Probleme beim neuen Gebäude in Berlin konnte der BV erst später umziehen, und am alten Gebäude zog sich dann die Renovierung.
Das Unternehmen ist einmal auch fast abgesoffen?
Lustigerweise war ich bei bestem Sonnenschein in der Niederlassung Frankfurt. Plötzlich bekam ich einen panischen Anruf aus Bonn, dass sie absaufen würden. Es war nicht das erste Mal, dass etwas Großes passiert, wenn ich nicht im Haus war. Ganz am Anfang wurde etwa im Gebäude in Troisdorf Fließestrich gegossen. Aber die Decke war nicht dicht und dann ist alles in mehrere Büros gelaufen. Ich hatte an dem Tag frei.
Und wie war das mit dem Wasser?
In kurzer Zeit ist unglaublich viel Regen gefallen. Das Wasser lief durch die Fenster ins Sockelgeschoss. Es kam durch die Fensterbänke, selbst durch die Steckdosen – trotzdem wollten manche noch weiterarbeiten. Die Beschäftigten bildeten dann mit ihren Mülleimern Eimerketten, weil ein Serverraum drohte, überzulaufen.
In welche Abschnitte würden Sie die vergangenen Jahre einteilen?
Am Anfang war die Gründungsphase bis etwa 2002. Dann folgte eine Zeit der Neuausrichtung, die nicht leicht war. Aber ab dann ging es eigentlich nur noch bergauf. Das Unternehmen wuchs beständig. Das ging sicher zehn, zwölf Jahre so. Inzwischen sind wir in der vierten Phase. Ich könnte den Beginn aber gar nicht an einem bestimmten Punkt festmachen.
Vielleicht die neue Geschäftsführung?
Den Unterschied merkt man sicherlich. Mit Holger Witzemann haben wir zum ersten Mal einen Geschäftsführer, der jünger ist als ich (lacht).
Was bedeutet es Ihnen, von Anfang an beim Aufbau der Firma dabei gewesen zu sein?
Das hat mich stets motiviert. Und es macht mir immer noch unheimlich Spaß. Wenn ich manchmal durch die Räume laufe, denke ich, dass es meine Firma ist. Ich habe die meisten Möbel ausgewählt, die Teeküchen eingerichtet, selbst die Teppichböden und die Wandfarben habe meistens ich ausgewählt. Hier ist es irgendwie wie in meiner eigenen Wohnung (lacht). Nicht nur deshalb arbeite ich hier sehr gern.