Die Digitale Transformation gestalten
Zum 1. Mai 2016 ist Holger Witzemann in die Geschäftsführung der AOK Systems GmbH eingetreten. Der in Albstadt geborene Baden-Württemberger hat vor seinem Eintritt in das System- und Softwarehaus der AOK-Gemeinschaft als Geschäftsführer in der BITMARCK-Unternehmensgruppe gearbeitet und dort über 100 Umstellungsprojekte verantwortet. Im Interview spricht der 40-jährige IT-Experte über seine neue Aufgabe und die stete Bewegung im GKV-System.
Sie sind nun 100 Tage Geschäftsführer bei der AOK Systems. Wenn man sie jetzt noch so nennen kann: Wie waren Ihre „ersten“ Eindrücke?
Zunächst einmal bin ich sehr freundlich von unseren Kunden und den neuen Kolleginnen und Kollegen in der AOK Systems aufgenommen worden. Es gab da keinerlei Berührungsängste. Die Hälfte der zurückliegenden Zeit war ich unterwegs zu ersten Kundengesprächen, ein weiterer großer Teil bestand aus Gremiensitzungen in Berlin. Das sind ja Aufgaben, die mir vertraut sind. Ich habe auch Niederlassungen der AOK Systems besucht und mir ein Gefühl für die Organisation und Zusammenhänge verschafft. Kunden und AOK Systems bilden eine richtig gute Gemeinschaft und ich freue mich auf die Zusammenarbeit!
Und das erste Betriebssportfest Ende Juni konnten Sie auch schon besuchen …
Das war eine schöne Veranstaltung, bei der auch das Wetter mitgespielt hat. Ich glaube, meine Ergebnisse im 400-Meter-Lauf, Weitsprung und Tauziehen waren für die Gruppe soweit ganz OK. Es kann aber auch sein, dass meine Teammitglieder nur höflich waren und sich mit Kritik zurückgehalten haben. Regelmäßig Sport zu treiben ist momentan mit zwei kleinen Kindern zuhause nicht so einfach. Da beschränkt es sich größtenteils auf Radfahren im Schritttempo.
Was zeichnet die AOK Systems insbesondere aus?
Schaut man sich die Historie an, dann war die Auslagerung der IT-Entwicklung in ein eigenes Softwarehaus, das dann zusammen mit dem Know-how aus den Kassen aufgebaut wurde, ein sehr guter Schritt. Und mit der SAP-Partnerschaft im Jahr 2000 hat man das Fundament gelegt, eine zukunftsfähige Softwarelösung für die AOK-Gemeinschaft zu entwickeln. Erfahrung und Routine bei der Softwareentwicklung und den Rollouts haben dann über die Jahre stetig zugenommen. Es gibt bei der AOK Systems also nachgewiesenermaßen viel Erfahrung und eine hohe Motivation der Kolleginnen und Kollegen, qualitativ hochwertige und fachlich aktuelle Software herzustellen und einzuführen. Darauf können sich die Kunden schon seit Jahren verlassen.
Die Bedeutung der SAP-Partnerschaft für die Branche ist häufig gar nicht so bekannt.
Weltweit betrachtet hat SAP natürlich zig tausend Kunden. Aber in Deutschland ist die Partnerschaft in der Dimension und Marktpräsenz innerhalb der Branche schon etwas Besonderes. Wir profitieren durch den globalen Blick von SAP. Das Unternehmen begleitet Entwicklungen für die unterschiedlichsten Branchen auf der ganzen Welt oder gestaltet sie selbst – wie bei HANA.
Wir können uns diese Trends ansehen, für unsere Kunden bewerten und sie bei Eignung dann zum Einsatz bringen. Damit bleibt oscare® technisch immer auf dem neuesten Stand.
Jetzt haben Sie mit der technischen Aktualität schon einen Vorteil von oscare® angesprochen. Wo sehen Sie weitere Stärken?
Alle Anforderungen aus den Sozialgesetzbüchern sind fachlich in oscare® umgesetzt und nutzbar. Damit hat eine Krankenkasse alles im Haus, was sie für die Abwicklung ihres Tagesgeschäftes benötigt. Damit ist die Software wirklich eine Gesamtlösung. Der fachliche Kern wird aus einer Hand geliefert, was auch unabhängig von Dritten macht.
Neben der örtlichen Präsenz der Krankenkassen spielen auch die digitalen Kontaktkanäle eine große Rolle, Stichwort „Omnichannel-Management“. Wo kann oscare® hier im Tagesgeschäft unterstützen?
Jeder Versicherte soll die Krankenkasse über seinen bevorzugten Kontaktkanal erreichen können, sei es nun über eine APP, eine Mail, die Online-Geschäftsstelle, per Telefon, Fax oder direkt vor Ort. Aber Omnichannel ist mehr: Der Versicherte soll den Prozess nicht nur über jeden Kanal bearbeiten können. Er soll den Prozess auch unterbrechen und später lückenlos über einen anderen Kommunikationskanal wiederaufnehmen und fortsetzen können. Aber auch da wollen wir nicht stehenbleiben. Wir wollen die Prozesse transparent für die Versicherten machen, sodass über Selbstauskünfte z. B. der Status von Anträgen abgefragt werden kann. „Prozesstracking“ ist hier das softwareseitige Stichwort. Dazu müssen Spuren in oscare® gelegt sowie Ereignispunkte definiert und ausgewertet werden. In Kombination mit einer Automatisierung und Dunkelverarbeitung von Geschäftsvorfällen können wir die Mitarbeiter vom Routinegeschäft entlasten, dabei gleichzeitig den Servicelevel anheben und der demografischen Entwicklung der Krankenkassen-Belegschaft entgegenwirken.
Wir waren eben schon bei HANA. Große Datenmengen für Vorhersagen und Interaktionsdialoge zu nutzen, ist in vielen Branchen mittlerweile selbstverständlich geworden.
Ein herausragendes Merkmal der neuen In-Memory-Technologie ist ihre Schnelligkeit und Vielseitigkeit. Datenberge können in Echtzeit durchsucht und die Ergebnisse den Sachbearbeitern sekundenschnell zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise direkt im Servicedialog mit dem Versicherten. Und durch die neue Technologie eröffnet sich ein riesiges Potenzial für neue Einsatzgebiete wie z. B. Prädiktion und Betrugserkennung.
Wenn Sie in einem Satz einen kleinen Ausblick geben möchten, könnte er lauten …?
Die digitale Transformation gemeinsam mit unseren Kunden gestalten und jeden Prozess besser machen.
Ihre Einschätzung: Welche Entwicklungen wird es im Fusionsgeschehen in der GKV geben?
Heute ist es kaum noch vorstellbar, dass wir Anfang der neunziger Jahre 1.200 Krankenkassen hatten. Jetzt ist nur noch ein Zehntel übrig geblieben. In einem vergleichsweise kurzen Zeitraum von fünf Jahren sind die Leistungsausgaben aber um rund 30 Mrd. € gestiegen. Das System ist kontinuierlich in Bewegung. Die Konsolidierung im GKV-Markt wird sich weiter fortsetzen und es wird weitere Fusionen geben. Auch unabhängig von einem wirtschaftlichen Druck, sondern um Potenziale aus den jeweiligen Stärken heraus zu erschließen.
Zur Person
Der studierte Informatiker hat vor seinem Eintritt in die AOK Systems in der BITMARCK-Unternehmensgruppe gearbeitet und dort zentrale Führungspositionen bekleidet. Schwerpunkte seiner Tätigkeiten bildeten dabei der Aufbau als auch die Neuausrichtung von operativen Bereichen und Business Units in und außerhalb der Holding, insbesondere die an den Kundenbedürfnissen ausgerichtete Qualität der Softwareprodukte.
Seine erste berufliche Station nach Abschluss des Studiums zum Diplom-Ingenieur für Technische Informatik führte ihn im Jahr 2008 in das Gemeinschaftsunternehmen BITMARCK der Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Ersatzkassen. In Essen baute er eine Holding mit zentralem Produktmanagement über alle Geschäftsbereiche auf. Zwei Jahre später übernahm er die Errichtung der Vertriebs- und Projekt GmbH, deren Aufgabe in der Planung und Einführung einer neuen Softwaregeneration bestand.
Von 2013 bis 2016 hat er als Geschäftsführer der BITMARCK Beratung GmbH den Umbau des Unternehmens mit Schwerpunkt auf Service-Orientierung und Stabilität in der IT, kundenorientierte Betreuung und Ausrichtung auf Qualitätsführerschaft verantwortet.