Das Büro passt sich an

Millennials und die Generation Z bestimmen immer mehr den Arbeitsmarkt. Gehalt, Firmenwagen oder ein schickes Einzelbüro sind für sie nicht entscheidend. Entscheidend ist, was sie arbeiten – und wie sie arbeiten. Beim Megatrend New Work geht es um die Optimierung des Arbeitsumfeldes. Das spart Kosten, schont die Gesundheit und fördert die Motivation sowie Kreativität. Keiner versteht das besser als der Co-Working-Anbieter WeWork.
 
Wird auch der Arbeitsplatz künstlich intelligent?
Früher suchten sich die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter aus, heute ist es umgekehrt. Und um im „War for Talents“ mithalten zu können, ist ein attraktiver Arbeitsplatz ein wichtiger Faktor. Das Konzept des New Work umfasst allerdings viel mehr als eine smarte Kaffeemaschine oder Sofas und Tischtennisplatte im Büro – und auch die etwas älteren Generationen erwarten längst optimale Bedingungen am Arbeitsplatz. „Die Digitalisierung fordert uns zu einem Neudenken in der Art der Zusammenarbeit und in der Gestaltung der Arbeitsumgebung. Gesunde Beschäftigte sichern die Zukunft. Wichtig ist hierbei auch eine auf das emotionale Wohlbefinden ausgerichtete Bürokultur“, sagt Yono K. Philipp Stöhr, Leiter Personal und Organisationsentwicklung bei der AOK Systems.
 
Das ist auch die Idee hinter New Work: selbstbestimmtes und flexibles Arbeiten in Teams mit möglichst flachen Hierarchien und dazu ein angenehmes und bequemes Arbeitsumfeld. Das erhöht die Motivation und Kreativität. Erfolgreich vorgelebt wird diese Art zu arbeiten von den Start-ups und den daraus hervorgegangenen IT-Riesen. Geistiger Begründer des New Work ist Frithjof Bergmann mit seinem Buch „Neue Arbeit, Neue Kultur“ aus dem Jahr 2004. Geboren in Deutschland lebt er seit den 1950er-Jahren in den USA und war Professor für Philosophie.
 
Die neue Arbeitswelt
In Deutschland liegen die Wurzeln der Neuen Arbeit in Berlin. Mit den Möglichkeiten des Internets entstand eine Szene um Kreative und Informatiker, die anders arbeiten wollte – frei und doch zusammen. Sascha Lobo und andere trafen sich zum gemeinsamen Arbeiten im St. Oberholz oder in einer der ersten Co-Working-Areas, dem Betahaus. Lobo schrieb auch das Manifest dazu, das 2006 erschien: „Wir nennen es Arbeit. Die digitale Bohéme oder: Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung.“ Es war der Kontrast zur Festanstellung, die gleichzeitig zum Lacher wurde: Stromberg oder „The Office“ führen die alte Arbeitswelt vor.
 
Heute, dreizehn Jahre später, hat sich die Arbeitswelt grundlegend verändert. Es gibt immer noch die beiden Pole – dazwischen existieren mittlerweile aber viele neue Arbeitsmodelle: Homeoffice, reduzierte Arbeitszeit, Arbeiten im Zug und vieles mehr. Gleichzeitig hat in vielen Firmen ein Prozess eingesetzt, der weit darüber hinausgeht, dass mit einer bunten Sitzecke und gutem Kaffee schon ein prima Klima im Büro herrscht. Immer mehr Menschen arbeiten an Computern und immer mehr Prozesse und Produkte erfordern digitale Lösungen. Um diese im Sinne des Kunden zu lösen, braucht es agile Methoden. Diese erfordern aber auch das entsprechende Arbeitsumfeld. „Die Arbeitsplätze der Zukunft müssen Raum für Kreativität bieten und gleichzeitig effizient sein und dabei auch noch gut aussehen“, bekräftigt Stöhr.
 
WeWork: weltweit in allen Büros die gleiche Arbeitsatmosphäre
Ein smartes Arbeitsumfeld bietet das amerikanische Unternehmen WeWork. An knapp 425 Standorten in 100 Städten und 27 Ländern arbeiten über 400.000 Beschäftigte in dessen Co-Working-Büros. Allein in Berlin gibt es sechs Büros mit jeweils über 1.000 Arbeitsplätzen. 30 Prozent der Global-Fortune-500-Unternehmen setzen auf WeWork. Je zwei Büros betreibt der Office-Experte in Frankfurt, München und Hamburg, dazu eines in Köln. Etwa fünf Prozent, die dort arbeiten, sind Einzelkämpfer, 65 Prozent der Büros belegen Start-ups und 30 Prozent sind an große Unternehmen vermietet. Diese quartieren dort Projektgruppen oder ganze Abteilungen ein. Der Vorteil: Die Unternehmen können kurzfristig die Arbeitsfläche vergrößern oder verkleinern. Zwar schlägt ein Arbeitsplatz mit fast 400 Euro pro Monat zu Buche – doch das ist immer noch günstiger, als ein Gebäude zu bauen, und flexibler, als eines zu mieten und dann oft bis zu 15 Jahre daran gebunden zu sein. Das echte Co-Working-Gefühl gibt es kostenlos dazu: Einzelbüros, Großraumbüros, Gemeinschafts- und Meetingräume. Technik, Reinigung, Empfang, Büroartikel, Verpflegung, selbst Craft-Bier für den Feierabend und vieles mehr gehört zum Service.
 
Der Look und die Ausstattung sind auf der ganzen Welt gleich: hochwertige und smarte Möbel, Wände und Böden im urbanen Start-up-Loft-Stil – also genau das Gegenteil von grauer Raufaser und biederen 80er-Jahre-Schreibtischen, die mit einer Topfpflanze garniert sind. Für internationale Unternehmen oder moderne „Wanderarbeiter“ hat das einen großen Vorteil: Ob in Hongkong oder Rio – die Büros sehen im Prinzip immer gleich aus und funktionieren auch gleich, die Einarbeitungszeit entfällt. Gerade für die junge Generation bietet WeWork genau die Arbeitsatmosphäre, die sie sich wünscht. Dazu kommt, dass die Standorte ganz gezielt positioniert werden: in Städten, zentral gelegen, gut erreichbar, mit einer attraktiven Infrastruktur wie Fitnessklubs, Bars, Restaurants und Shoppingmöglichkeiten im unmittelbaren Umfeld.
 
Die Beschäftigten sind die Kunden
Für WeWork ist dies ein gutes Geschäft und eine Geschäftsidee, die in die Zeit passt. Die sichtbaren Faktoren sind aber nur Teil des Erfolgsmodells, bei WeWork geht die Optimierung des Arbeitsplatzes noch viel tiefer. Viele Unternehmen arbeiten heute mit agilen Methoden – also immer im Sinne des Kunden denken – und vergessen dabei die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten. Für WeWork sind die Arbeitskräfte die Kunden, und deren Bedürfnisse an ein praktisches, bequemes und angenehmes Arbeitsumfeld stehen im Mittelpunkt ihres Denkens.
 
Das Credo von WeWork ist: testen, analysieren und optimieren. Dafür trackt WeWork fast alles, was im Büro passiert. Dabei helfen Tausende Sensoren, die aber nicht die Arbeitnehmer kontrollieren, sondern analysieren, wie diese arbeiten: Welche Temperatur wird eingestellt, wie hell soll es sein, welcher Kaffee und welcher Bürostuhl werden bevorzugt? Zeichnen die Sensoren auf, dass auf einem Sofa keiner sitzt, kommt es weg. Denn ein Sofa, das keiner benutzt, verschwendet nur Platz, der anders besser genutzt werden kann. Vereinfacht gesagt: Zeigt sich, dass an einer Stelle – vielleicht ist der Ausblick schön oder er liegt „verkehrstechnisch“ gut – sich oft und gern Menschen treffen, kommt das Sofa eben dorthin – eine Kaffeemaschine und ein Kühlschrank mit Getränken gleich dazu.
 
Nicht jeder braucht einen Arbeitsplatz
 
Künstliche Intelligenz: am Arbeitsplatz ideal bei häufigem Personenwechsel
Auch die perfekte Raumplanung sowie die Mischung von verschiedenen Bürotypen sind wichtige Faktoren. Vor allem die Nutzung der Kapazitäten ist eine Stärke von WeWork. Nicht jeder kommt jeden Tag ins Büro. Manche haben Urlaub, sind unterwegs oder arbeiten zu Hause. Nicht jede Arbeitskraft braucht einen Arbeitsplatz. Das gilt übrigens gerade für den „klassischen“ Arbeitsplatz im Unternehmen. Und weil nicht alle Arbeitsplätze ausgelagert werden können oder sollen, optimieren viele Unternehmen längst ihre Räume. Auch das ist ein Geschäftsfeld, in dem WeWork inzwischen tätig ist und dort mit ihren Erfahrungen und ihrer Expertise punktet. Der Ansatz ist oft ganz simpel, aber sehr effektiv: Vor dem Umbau steht die genaue Analyse, wer mit wem zusammenarbeitet. Eine Auswertung der Treffen und Meetings aller Beschäftigen anhand ihrer digitalen Kalender führt zu erstaunlichen Erkenntnissen.
 
Wie für die Beschäftigten zukünftig mithilfe smarter Systeme das Leben im Büro einfacher gemacht werden kann, erforscht Professorin Sabine Hoffmann in Kaiserslautern am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Zum Beispiel wird sich der jeweilige Arbeitsplatz den persönlichen Bedürfnissen anpassen: Tisch- und Sitzhöhe fahren automatisch hoch oder runter, Licht und Temperatur passen sich den Vorlieben an. Das ist nicht banal: Unzufriedenheit am Arbeitsplatz erzeugt Stress, und der kann krank machen, blockiert außerdem die Motivation und die Kreativität.
 
Privates und Berufliches vermischen sich
Ein wichtiger Aspekt bei WeWork ist das Gemeinschaftsgefühl: Man arbeitet zusammen und tauscht sich aus. WeWork forciert dies noch, indem Networking-Spezialisten anhand verschiedener Kriterien Personen miteinander ins Gespräch bringen, etwa auf einen Kaffee. Das Networking ist gerade für Start-ups ein großer Vorteil, aber auch etablierte Unternehmen profitieren von diesem Wissenstransfer – gleichzeitig sind sie dort präsent, wo die Arbeitskräfte, die sie brauchen, arbeiten wollen oder bereits arbeiten. Ein weiterer Trend ist, dass Co-Working-Areas am Stadtrand entstehen. Firmen mieten Kontingente für Angestellte, die nicht jeden Tag ins Büro fahren wollen oder können, aber auch nicht zu Hause arbeiten wollen. Dadurch reduziert sich das Verkehrsaufkommen in den Städten und die Umwelt wird geschont. Ein weiterer Aspekt: Die Firmen können Arbeitsplätze einsparen, da sowieso nicht immer alle da sind – auch das schont Kosten und die Umwelt.
 
Die Entwicklung ist noch lange nicht am Ende: Derzeit entstehen weltweit in immer mehr Großstädten Co-Living-Gebäude. Dort arbeitet man nicht nur zusammen, sondern lebt auch gleich zusammen. Die Vermischung von Privatem und Beruflichem ist für immer mehr junge Leute ein akzeptables Konzept – natürlich bei völliger Flexibilität. Einen Namen hat das Konzept auch schon: Work-Live-Blending – der Gegenspieler der Work-Life-Balance. Auch WeWork setzt auf dieses Konzept. Sie nennen es WeLive. Bisher gibt es erst wenige Standorte. Aber die Firma weiß anscheinend besser als alle anderen, wie wir arbeiten wollen. Vielleicht haben sie auch beim Zusammenleben den richtigen Riecher.